Eine Stadt lebt von Gegensätzen

Ob historisch oder modern, streng oder organisch, belebt oder ruhig – Gegensätze gehören in eine Stadt. Der seit 2018 vom Platz am Siegesdenkmal in Europaplatz umbenannte Verkehrsknotenpunkt steht exemplarisch dafür. Häuserfassaden aus den letzten 250 Jahren umrahmen den Platz, die neue Tramlinie kreuzt die alte, die ehemaligen Fußgängerunterführungen gibt es nicht mehr. Statt grau, schmuddeliger Wartehäuschen markieren nun die weißen, organisch geschwungenen Dächer der neuen Haltestelle den Platz. Frisch und übersichtlich kommt er nun daher. Historisch bleibt es beim Siegesdenkmal, dass wieder an seinen ursprünglichen Platz vor der Karlskaserne aufgestellt wurde. Von dessen Sockel blickt die Siegesgöttin nun auf den Einkaufsrummel in der Kaiser-Joseph-Straße.

Kultur und Brachland in enger Nachbarschaft

Sie ändern nahezu täglich ihre Form, die Aushubhügel hinter dem Morat-Institut für Kunst und Kunstwissenschaft an der Lörracher Straße. An diesem Wochenende passt sich der Erdhügel zufällig optimal an das bogenförmige Sheddach der Ausstellungshallen an und setzt deren Rhythmus fort. Der nächste Arbeitstag kann diese Harmonie bereits wieder zerstören. Es ist wohl eher eine seltene Harmonie. Seit das ehemalige Betriebsgelände eines Baustoffhändlers stillgelegt wurde ist die Zukunft des Areals ungewiss und die Nachbarn erleben täglich viel Lärm und Staub. Konkrete Ideen für die Zukunft des Geländes gibt es noch nicht, vielleicht sollte man einfach mal die Nachbarn fragen.

Klinkerfassaden haben Tradition

vor allem in Norddeutschland aber auch in Freiburg. Ob alter Güterbahnhof, Gründerzeitvillen, 1970er Jahre Bungalows oder Neubauten der 2000er Jahre, ob Privatbauten oder öffentliche Gebäude, Klinkerfassaden sind nach wie vor aktuell. In vielen Freiburger Stadtteilen sind sie präsent. Ein schönes Beispiel für eine kreative Fassadengestaltung ist das vor ein paar Monaten fertig gestellte Mehrfamilienwohnhaus an der Eschholzstraße. Der helle Ziegel wurde auf der ganzen Fassade angebracht. Ohne Materialität oder Farbe zu verändern wird die Fassade in unterschiedliche Bereiche eingeteilt und erscheint sehr lebendig. Dafür sorgen auch die hervorspringenden Ziegel zwischen den Fenstern.

Rückkehr der Wasserspeier

Schlicht und elegant kommen sie daher, die Wasserspeier am Erweiterungsbau der Waldorfschule in Freiburg-St. Georgen und sind in ihrer Wiederholung doch ein ebenso starkes architektonisches Element wie die vorgesetzten Buntglasfenster. Seit die Regenfallrohre den Wasserspeier abgelöst haben, sieht man diesen kaum noch an modernden Bauten. Das Architekturbüro Lederer Ragnarsdóttir Oei benutzt diese zeitgenössische Interpretation des Wasserspeiers gerne. Figürliche Exemplare findet man am Freiburger Münster in Form von dämonischen Gestalten und Tieren.

Die Fluchttreppe als Skulptur im öffentlichen Raum

Die Verschärfung des Brandschutzgesetzes vor einigen Jahren hat diese Form der Außentreppen wie Pilze aus dem Boden schießen lassen. Vor allem an öffentlichen Gebäuden wurden die Fluchttreppen angebracht um im Ernstfall lebensrettend zu sein. Auch das 10-geschossige Verwaltungsgebäude aus dem Jahr 1956 an der Bertoldstraße hat eine erhalten und beeindruckt durch ihre Größe und ihre klaren Formen. Auf mich wirken die Metallkonstruktionen wie Skulpturen, die sich als eigenständige Gebilde vor dem Gebäude präsentieren.

Der Stromkasten als Leinwand

Graffitis sind aus Freiburg nicht mehr wegdenken, ob legal oder Illegal, mit oder ohne politische Aussage. Wenn Sie schön gemacht sind, verhelfen sie der Stadt farbenfroher zu werden und lassen unansehnliche Wände verschwinden. Graue, nichtssagende Stromkästen zu verschönern hat sich der Freiburger Streetart-Künstler Lemon „Jo“ diesen Sommer vorgenommen und dabei – nicht ganz legal – den Stromkästen in der Haslacher Gartenstadt zu wunderbarem Glanz verholfen. Statt derber Graffiti-Sprüche zieren nun poetische Schablonenbilder die Kästen und sind eine prima Bereicherung für das Viertel. Die kostenlose OpenAir-Galerie ist rund um die Uhr geöffnet und die Bilder haben den Vorteil, dass sie nicht ungeahnt im Shredder wieder verschwinden

Natur so nah

Bei meinen Streifzügen durch Freiburg bin ich immer wieder überrascht, wie nahtlos die einzelnen Stadtteile in die benachbarten Wiesen, Wälder oder Weinberge übergehen. Wie Architektur sich mit der Landschaft im Hintergrund zu einer Einheit verbindet, trotz klarer Kanten und geometrischen Formen.

Laubfroschgrün im Laubengang

Die Laube als Ort im Freien, der Laubengang als offenes Treppenhaus, begrünt durch grüne Türen und grüne Sichtschutzelemente. Mit einem Ort im Grünen hat dieser an der Straße gelegene Laubengang jedoch nichts zu tun. Auch Sonnenanbeter oder spielende Kinder wird man hier weniger finden. Der Laubengang erfüllt hier seinen architektonischen Zweck, er ist Erschließungsgang zu den einzelnen Wohnungen. Mit den trostlos grauen, verschmutzten, oft als Abstellfläche genutzten Laubengängen vergangener Jahrzehnte hat er aber nichts mehr gemeinsam, dafür sorgt das Laubfroschgrün.

Tudorstil und Glasfassade in repräsentativer Bauweise

Es gibt Ausblicke, die kommen nur in der blattlosen Jahreszeit zum Vorschein, wie hier von der Rosastraße Richtung Bismarckallee. Der kahle Baum macht den Blick frei auf den im Jahr 2000 fertig gestellten Büroturm am Bahnhof. Die Fassade besteht hauptsächlich aus Glas und es ist anzunehmen, dass die Aussicht über Freiburg in der obersten Etage des 45 m hohen Turms spektakulär ist. 150 Jahre länger residiert hingegen das im gotischen Tudorstil für die Witwe Colombi zwischen 1859-1861 gebaute Colombischlösschen auf dem grünen Hügel. Als Privatvilla gebaut, entschied sich die Bauherrin für einen repräsentativen Baustil mit reichlich Verzierung. Zur damaligen Zeit ragte das Bauwerk sicherlich auch aus seiner Umgebung hervor und hatte eine ähnliche Signalwirkung wie der Bahnhofsturm heute. So gesehen haben die beiden Bauwerke dann doch eine Gemeinsamkeit.